Der blaue Dunst
oder
Nutzen oder Schaden, und was für wen?

Es wäre ja ganz einfach: Ein grundsätzliches Tabakverbot würde doch alle Probleme lösen. Oder auch nicht?


EU verbietet Tabakwerbung

Nur zwei von 15 EU-Ländern stimmten am Montag gegen ein Tabakwerbeverbot in der Europäischen Union: Der britischen Regierung geht das Verbot nicht weit genug, während andererseits Verbraucherschutzministerin Künast (Grüne) darin eine Kompetenzüberschreitung der EU sieht. Das europäische Parlament in Straßburg hatte dem Entwurf bereits vorher zugestimmt.

Dass ausgerechnet aus dem Verbraucherschutzministerium Kritik am Werbeverbot für eine Droge kommt, die jährlich 100.000 ihrer Konsumenten vorzeitig ins Grab bringt, ist nur einer von vielen Widersprüchen. Während bei der Cannabispolitik versucht wird, EU-weit eine einheitliche Politik vorzuschreiben (siehe CLN#87, "EU: Tabakwerbeverbot und Cannabismindeststrafen"), soll eine viel mildere Einschränkung bei der ungleich schädlicheren Droge Tabak nach Ansicht der Bundesregierung bereits eine Kompetenzüberschreitung darstellen. Wenn 3 von 5 Deutschen derzeit noch gegen eine Strafbefreiung von Cannabisbesitz sind, begründet das nach Ansicht der Politiker ein Festhalten am Verbot, wenn jedoch der selbe Prozentsatz für ein Verbot von Tabakwerbung ist (darunter sogar fast die Hälfte der aktiven Raucher), dann spielt das politisch offensichtlich keine Rolle. Die Bundesärztekammer spricht von einem "skandalösen Verhalten der Bundesregierung".

Doch nicht nur die Politiker verdienen hier Kritik, sondern auch Zeitungs- und Zeitschriftenverleger, die mit fadenscheinigen Argumenten die Tabakwerbung verteidigen: Wenn die "Süddeutsche Zeitung" das Verbot in einem Artikel unter dem Titel "Werbeverbote schaden der Gesundheit" kritisiert, ist wohl nur die finanzielle Gesundheit der von Werbeeinnahmen abhängigen Verlage gemeint.

Quelle: http://www.drogenpolitik.org/news/news_112.html

Kalifornien / USA

Rauchverbot in Gefängnissen

Der langjährige Zigarrenraucher Schwarzenegger verbietet den 160.000 Häftlingen in Kalifornien ab Juli 2005 sämtliche Tabakprodukte. Davon verschont wird nur, wer Indianer ist.

Wie das Gouverneursbüro in der Landeshauptstadt Sacramento mitteilte, sind Zigaretten und andere Tabakprodukte ab Juli 2005 in den staatlichen Haftanstalten tabu.

Von dem Verbot ausgenommen sind die Wohnungen der Bediensteten und der Gebrauch von Tabak bei religiösen Feiern indianischer Häftlinge. Der von Schwarzenegger unterzeichnete Gesetzentwurf würde 160.000 Gefängnisinsassen betreffen, berichteten US-Medien.

Befürworter des Rauchverbotes hoffen auf drastische Einsparungen bei der Behandlung von Raucherkrankheiten. Kritiker verweisen auf die Gefahr eines illegalen Handels mit Tabakprodukten in den Gefängnissen.

Zahlreiche Bezirks-Haftanstalten in Kalifornien haben das Rauchen bereits verboten. In zwölf US-Bundesstaaten gibt es ähnliche Einschränkungen.

(dpa)

Quelle: www.sueddeutsche.de

Rauchen in den USA
Starker Tobak

"Welcome to Marlboro Country" – das war einmal. Vorbei die Zeiten, als die Zigarette den Inbegriff des amerikanischen Freiheitsgefühls symbolisierte. Im Mutterland des Tabakexports sind Glimmstängel alles andere als gesellschaftsfähig. Seitdem die Gesetzgebung hinsichtlich des Tabakkonsums immer restriktiver wird, haben Raucher in den USA nichts mehr zu lachen.
Wer meint, mit dem rauchfreien Transatlantikflug bereits das Schlimmste überstanden zu haben, irrt. Auf amerikanischem Boden angekommen, fängt das Abenteuer für den von Nikotinsucht geplagten Reisenden erst an. "No smoking" lautet die oberste Regel so gut wie überall in den Vereinigten Staaten – dies gilt für alle öffentlichen Gebäude und Büros, für internationale wie für Inlandsflüge und zum Teil selbst dort, wo man sich als Raucher allgemein in Sicherheit wähnt, nämlich im Freien. Selbst in den eigenen vier Wänden kann der blaue Dunst zum Problem werden. Nichtrauchermietverträge sind eher die Regel als die Ausnahme, und spätestens wenn sich der Nachbar über Rauchschwaden beschwert, haben Nikotinjunkies schlechte Karten.

In Restaurants, Bars und selbst in Privatclubs geht der Trend zunehmend in Richtung absolut rauchfreie Zone. Zwar gibt es in vielen Restaurants kleine separate Raucherbereiche, doch sitzt es sich hier beabsichtigt unkomfortabel, etwa nahe der Küche oder der Toilette. Wer raucht, manövriert sich in Amerika auf direktem Wege ins soziale Abseits. Rauchen gilt als Charakterschwäche und schlechtes Benehmen – Laster von Verlierern und Proleten.

"No smoking" in Big Apple

Besonders strenge Gesetze gelten in Kalifornien, dem Pionierstaat des Rauchverbots, sowie in New York City. Dessen Bürgermeister Michael Bloomberg – selbst ehemaliger Raucher – wird nicht müde, die schädlichen Auswirkungen des Passivrauchens zu betonen. Raucher, so Bloomberg, hätten zwar das Recht sich selbst zu töten. Dies bedeute aber keinesfalls, dass sie auch andere mit ihrem giftigen Qualm umbringen dürften.

2002 verschärfte er seinen Anti-Raucher-Feldzug, der im Jahre darauf das totale Rauchverbot an Arbeitsplätzen, Restaurants, Bars und Diskotheken in New York City zur Folge hatte. Seitdem frönen die Nikotinsüchtigen vor Lieferantenzufahrten und zugigen Hauseingängen ihrem Laster – und selbst hier ist ihnen die Missbilligung der Passanten gewiss. Aber vielleicht hat es auch damit bald ein Ende, denkt man doch im New Yorker Rathaus bereits darüber nach, das Rauchen auch auf der Straße zu verbieten.

Die Gesetze sind streng, die Kontrollen nicht minder. Verstöße gegen das Rauchverbot gelten keineswegs als Kavaliersdelikt – schon ein unbenutzter Aschenbecher im Schrank wird von den Inspektoren des Gesundheitsamtes als Indiz anerkannt. Gleichwohl riskieren es einige Gastronomen, das Rauchverbot zu umgehen – und nehmen dafür saftige Geldstrafen in Höhe von mehreren Hundert Dollar in Kauf: Nachdem das Rauchverbot erhebliche Umsatzeinbußen beim Alkoholkonsum nach sich zog, gelten Strafgelder mancherorts als das kleinere Übel. Zumindest ein- oder zweimal – beim dritten Verstoß droht der Lizenzentzug.

Im Gegensatz zur Prohibition der 20er Jahre, die nur begrenzt wirksam war, erweist sich der Kampf gegen das Nikotin als wesentlich erfolgreicher. Abgesehen von Verboten, ging es den Rauchern auch preislich an den Kragen: 2002 wurden die Steuern von acht Cent auf 1,50 Dollar pro Schachtel erhöht, was den Zigarettenverkauf um 13,6 Prozent sinken ließ. Heute liegt der Preis für ein Päckchen Zigaretten in New York bei 7,50 Dollar, Tendenz steigend. Wahrlich ein teures Vergnügen, zumal mittlerweile auch der preiswertere Online-Handel mit Zigaretten untersagt ist – der Fiskus hatte Steuerausfälle in Millionenhöhe zu beklagen.

Drogendealer satteln um

Unweigerliche Folge dieser radikalen Preispolitik ist das Aufblühen des Schwarzmarkts. Längst gibt es Drogendealer in Harlem, die ihr Geschäft nicht mehr mit Koks und Marihuana bestreiten, sondern sich auf den lukrativen Handel mit illegal erworbenem Rauchwerk verlagert haben. Zwar fällt die Gewinnspanne nicht so üppig aus wie beim Drogenvertrieb, doch ist beim Deal mit den Glimmstängeln (noch) mit einem wesentlich geringerem Strafmaß zu rechnen.

Nach offiziellen Angaben sterben in den USA jährlich rund 400.000 Menschen an den Folgen des aktiven wie passiven Zigarettenkonsums. Zahlen, die die Tabakindustrie nicht gerne hört und mit perfiden Maßnahmen bekämpft: Zum einen mit aggressiven Werbekampagnen im Ausland, zum anderen mit pseudowissenschaftlichen Studien, die vom eigens gegründeten "Council for Tobacco Research" finanziert werden. Und auch die "National Smokers Alliance", die vehement gegen die Rauchverbote zu Wehr zieht, weil sie das Rauchen als ein Bürgerrecht ansieht, ist eine Tochter der Tabaklobbyisten.

Angesichts dieser handfesten wirtschaftlichen Interessen wundert es kaum, dass sich die Regierung bislang nicht zu einem absoluten Tabakverbot durchringen konnte. Ein entsprechender Antrag vor dem Kongressausschuss wurde 2003 abschlägig beschieden. Ein totales Verbot, so die Bush-Regierung, sei "nicht offizielle Politik".

Mag das Rauchen erwiesenermaßen schädlich sein, mitunter treibt die amerikanische Gesetzgebung erstaunliche Blüten. Wer das Pech hat, in den Bundesstaaten Texas und Colorado zum Tode verurteilt zu werden, darf seit 1998 vor seiner Hinrichtung keine letzte Zigarette mehr rauchen. So bleibt den Delinquenten immerhin der zweifelhafte Trost, gesünder zu sterben.

Quelle:

http://www.usa.de/ReiseTipps/Gutzuwissen/TypischAmerika/index-b-57-2287.html