Laster Alkohol
oder
Wie viel Rausch verträgt der Mensch?

Zur Zeit wird das Thema Rauschmittel sehr kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite stehen die unnachgiebigen Grünkreuzler, Ehefrauen, Gesundheitsfanatiker und Islamisten, die grundsätzlich selbst gegen einen winzigen Schluck sind; Auf der anderen Seite gruppieren sich höchst unterschiedlich motivierte Befürworter. Von den Weinbruderschaften bis hin zu Finanzministern, von Ärzten bis zu Kulturbeschwörern ist alles vertreten. Die Positionen scheinen unvereinbar.


Gesundtrinken

Lange ist an dieser Stelle nicht mehr über die guten Seiten des Trinkens berichtet worden. Nachdem man die hinlänglich bekannten Folgen wie Leberverfettung und Delirium ausgiebig ergründet hat, wendet man sich in der Wissenschaft nun stärker den Vorzügen des Trinkens zu. Höchste Zeit daher, die wichtigsten Ergebnisse emsigen Forschens ins rechte Licht zu rücken. Da wäre gleich das Septemberheft der Zeitschrift Chemistry and Biology zu nennen, in dem mal wieder dem Rotwein gehuldigt wird. Amerikanische Forscher haben sich eines Enzyms mit dem anheimelnden Namen Resveratrol-Synthase angenommen. Es wappnet die Weintraube gegen Pilzschädlinge, indem es Resveratrol bildet. Für den Menschen ist dieser in den Wein übergehende Stoff ein Glücksfall. Er soll aggressive Substanzen im Körper entschärfen, vor Krebs schützen, die chronisch kranke Lunge heilen, das Blut verflüssigen und den Blutdruck senken. Auch dem Altern scheint er entgegenzuwirken, zumindest dem von Fliegen und Hefen. Fast ein Wunder, daß Leben auf der Erde entstehen konnte, bevor es Wein gab. Die Forscher wollen nun auch Weinmuffel mit Resveratrol beglücken, indem sie Nahrungspflanzen biotechnisch zur Produktion dieser Substanz aufrüsten. Ob sich damit der gesundheitsbewußte Griff zur Flasche erübrigt, steht freilich dahin. Denn gerade trifft die Mitteilung von der Universitätsklinik Heidelberg ein, daß ordentlicher Alkoholkonsum durchaus gut für kranke Herzen ist. Pro Woche ein paar Glas mehr, und schon dürfen Patienten hoffen, daß sich ein eben geöffnetes Herzkranzgefäß nicht so schnell wieder verschließt. Sogar Ratten profitieren von Alkohol. Sind sie erst einmal zu stillen Zechern geworden, können sie mit einem längeren Leben rechnen als ihre abstinenten Artgenossen. Den Drang, dies zu untersuchen, haben finnische Forscher verspürt. Anders als die Ratte muß der Mensch entscheiden, mit welchen Alkoholika er sich am sichersten gesundtrinkt. Auf der wissenschaftlichen Rangliste ganz oben findet sich immer wieder der Rotwein, was zu Rückschlüssen auf die Trinkgewohnheiten in der Forschung verleitet. Bier wird seltener erwähnt. Dabei hat die Deutsche Brauwirtschaft triumphierend verkündet, daß rund vier Liter pro Woche vor Gehörverlust im Alter schützen - eine Verheißung, über die man lange grübeln kann. Wissenschaftliche Aussagen zum Bier leiden ohnehin oft daran, daß die Maßeinheit „Glas" in Bayern anders interpretiert wird als in Norddeutschland. Wer gern trinkt und nach wissenschaftlich eingekleideten Argumenten zur Rechtfertigung sucht, wird sich an solchen Kleinigkeiten nicht reiben. Und wenn sich Forscher der Universitätsklinik Erlangen aufgrund von Hirnuntersuchungen erdreisten, dem täglichen Glas Rotwein seine gesundheitsfördernde Wirkung abzusprechen, kann man mit einem einzigen Wort kontern: Resveratrol-Synthase.

R.W.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. September 2004
TIPP:

Wer sich für die gesundheits- und kulturstiftende Wirkung des Weine erwärmen kann, sollte unbedingt auch die Seite Weinrausch besuchen! Für Abstinenzler nicht zu empfehlen ...


"Bernhardiner ist das letzte, was ich sein möchte. Dauernd die Flasche am Hals, und niemals trinken dürfen!"

Joachim Ringelnatz (1883-1934), eigtl. Hans Bötticher, dt. humorist. Lyriker u. Erzähler 

"Es hat keinen Sinn, Sorgen in Alkohol ertränken zu wollen, denn Sorgen sind gute Schwimmer."

Robert Musil (1880-1942), östr. Erzähler, Dramatiker u. Essayist

"Wer zuviel Korn trinkt, hat am Ende nur noch Stroh im Kopf"

Gerhard Uhlenbruck (*1929), dt. Aphoristiker, Immunbiologe u. Hochschullehrer

"Abstinenzler = Leute, die niemals entdecken, was sie versäumt haben."

Marcello Mastroianni (1924-96), ital. Filmschauspieler

"Enthaltsamkeit ist eine wunderbare Sache - wenn sie in Maßen praktiziert wird. (Abstinence is a wonderful thing - if it is practiced in moderation.)"

Aus den USA

"Man führt gegen den Wein nur die bösen Taten an, zu denen er verleitet, allein er verleitet auch zu hundert guten, die nicht so bekannt werden."

Georg Christoph Lichtenberg (1742-99), dt. Aphoristiker u. Physiker

Bernard Genoud, Bischof von Freiburg, schockt: 
Onanieren ist so gefährlich wie Alkohol

Blick, 25.5.2001

VON URS MOSER

FREIBURG – Für den Freiburger Bischof Bernard Genoud (59) ist die Sexualität kein Tabuthema. Er spricht offen darüber. Und wie: Masturbation setzt er mit einer Sucht wie Alkoholismus gleich. Und der zölibatäre Bischof will wissen: Wer Hand an sich selber legt, findet zu keinem erfüllten Sexualleben in der Partnerschaft.

Viele Übel dichtete man der Masturbation an, von Verlust der Körperkraft bis hin zur Schwindsucht. Heute lachen wir über solche Märchen. Wer weiss schon, dass die Flocken eines Herrn Kellogg einst im Kampf gegen vermeintliche Schädigungen durch zu häufiges Masturbieren entwickelt wurden? Am Frühstückstisch aufgeklärter Familien wird man sich darüber amüsieren. Doch jetzt setzt der Freiburger Bischof Bernard Genoud den Gläubigen einen neuen Floh ins Ohr: Onanieren steht für ihn auf der gleichen Stufe wie Alkoholsucht. In einem Interview mit der Zeitung «Le Matin» erklärt der Bischof die Parallele: «Wenn man trinkt, gewöhnt sich der Körper daran. Er braucht mehr, bis zum Alkoholismus.» So sei es auch beim Onanieren. Das Urteil von Fachleuten ist eindeutig: «Das ist ein wissenschaftlicher Humbug und so dumm, dass es unmöglich die Lehre der katholischen Kirche sein kann», sagt der Aargauer Sexualtherapeut Thomas Spielmann (49).

Der Bischof sieht das anders. Er bleut nicht etwa nur angehenden Priestern ein, das Verlangen nach Masturbation zu beherrschen, um maximale Keuschheit zu erlangen. Im Interview betont Genoud, dass seine Ratschläge sich an alle richten, die sich ein erfülltes eheliches Sexualleben wünschen. Genoud: «Die Masturbation zerstört die Beziehung zum Partner. Man sieht den Partner nicht mehr als Bereicherung, sondern als Hindernis für die eigene Erfüllung.» Über solche Auffassungen kann die Zürcher Sexualpädagogin Esther Schütz (50) nur den Kopf schütteln: «Je besser der Mensch sich selbst und seine Bedürfnisse kennt, desto besser kann er in einer Beziehung auf die Bedürfnisse des anderen eingehen.»

Quelle: http://www.sanktus.com/bischof5.htm